Freitag, 3. Oktober 2008

Der erste Satz ist der schwerste

Gut, auch dieser Hype ist überstanden, die Wogen haben sich längst schon geglättet; Zeit darüber nachzudenken, ob man nicht auf der bereits auslaufenden Welle sich noch eine Weile treiben lassen könnte: das Blog ist inzwischen eine etablierte Form des Gedankenaustauschs im Internet, das keinerlei Aufregung mehr provoziert - zumindest was die Form anbelangt.
Kein Freund des leider immer stärker um sich greifenden Web-Exhibitionismus, habe ich schon früh die Möglichkeit einer eigenen Homepage ausgeschlagen, längst bevor das WWW zu einem Massenmedium avancierte. Stets kritisch hinsichtlich der Chancen und Risiken, war ich mehr Beobachter als Akteur, und nutzte doch die vielfältigen Möglichkeiten, die das Netz zu bieten hat, allen voran selbstverständlich die Wikipedia. Warum nicht nun auch etwas zurück geben - und sich dadurch ein wenig unter Druck setzen, zu schreiben.

Und warum auch nicht?, haben es doch andere vorgemacht, allen voran Michel de Montaigne, der mit seinen Essais stilbildend wirkte. Auch er schrieb, wenn schon nicht einfach drauf los, so doch zumindest jedem akademischen Duktus abhold, und er schrieb durchaus Persönliches:
Dies hier sind vielmehr meine persönlichen Überlegungen, durch die ich nicht die Kenntnis von Dingen zu vermitteln suche, sondern von mir. [...] Deshalb habe ich keinerlei Gewissheit zu bieten, es sei denn darüber, welchen Stand die Erkenntnis meiner selbst zur Stunde erreicht hat. So achte man nicht auf den Stoff, sondern auf die Form, in der ich ihn wiedergebe: plaudernd, reflektierend und bald fürs Pro plädierend, bald fürs Kontra. [...] Ich habe keinen anderen Hauptfeldwebel, meine Stücke in Reih und Glied zu stellen, als den Zufall. Wie die Phantasiegebilde sich bei mir einfinden, stapel ich sie auf; manchmal drängen sie sich zuhauf, manchmal kommen sie in dünner Reihe angetrödelt. Ich will, dass man mich in meiner üblichen Gangart sehe, so unüblich sie ist.
Michel de Montaigne, Essais,
hrsg. von Hans Stilett, "Über Bücher", S. 201
In diesem Sinne soll dieses Blog verstanden werden.

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