Sonntag, 5. Oktober 2008

Bedürfnisbefriedigung

Ausgangpunkt für die folgenden Überlegungen war u.a. folgender Film: Consumerism in the movies


Reflexion:

Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die freie Marktwirtschaft eine der besten gesellschaftlichen Formen darstellt, die materiellen Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen, ja es lässt sich nicht einmal ausschließen, dass es keine bessere als sie gibt. Als Beleg für diese Aussage sei auf den wachsenden materiellen Wohlstand verwiesen, der im Durchschnitt in Gesellschaften herrscht, die marktwirtschaftlich (im Ggs. zu planwirtschaftlich) ausgerichtet sind.

Die Maschine der Marktwirtschaft läuft permanent, beständig auf der Suche nach bislang unbefriedigten Bedürfnissen, die es noch zu versorgen gilt. Sie ist in dieser Hinsicht einem einfachen Organismus vergleichbar, einer Fliege etwa oder einer Art Braitenberg-Vehikel, der stets auf ein subjektiv definiertes Optimum hin steuert, wie eine Fliege in der Dunkelheit zum Licht strebt.

Im Falle einer äußerlichen Mangelsituation, in der sich in vielerlei Hinsicht auch die westlichen Gesellschaften noch im 19. Jahrhundert und bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein befanden, ist eine solche "Braitenberg'sche Marktwirtschaft" ein hervoragendes Vehikel zur Beseitigung des Mangels.

Doch was, wenn der Mangel hinreichend beseitigt ist? Ähnlich einem Hochofen, der permanent betrieben wird und nie heruntergefahren werden darf, muss auch die Marktwirtschaft stets ihren Betrieb aufrecht erhalten. Ein zeitweiliges "Herunterfahren" führt zu einer nachhaltigen Störung des Systems, da wesentliche Strukturen, materielle wie gesellschaftliche, sehr bald zum Verfall neigen.

Um weiterhin den Betrieb aufrecht erhalten zu können, und ihn vielleicht noch zu steigern, müssen, falls alle materiellen Bedürfnisse ab einem bestimmten Zeitpunkt befriedigt sind bzw. Strukturen geschaffen wurden, die eine dauerhafte Befriedigung gewährleisten (es entstehen ja permanent neue Populationsmitglieder), neue Bedürfnisse geschaffen werden.

An dieser Stelle greift der Optimierungsmechanismus der Werbung, der nun nicht mehr nur die verschiedenen geschaffenen Produkte für vorhandene Bedürfnisse vorstellt (und ihre jeweiligen vermeintlichen oder tatsächlichen Vorzüge anpreist), sondern für vorhandene Produkte versucht, Bedürfnisse, sprich: Absatzmärkte zu schaffen. Der bisherige Regulationsmechanismus der Marktwirtschaft erweist sich mit einem Mal als unterkomplex: Die Fliege droht in der Hitze der Flamme, die sie wegen der Helligkeit ansteuert, zu verbrennen. Selbstverständlich wirkt das Überschreiten des Sättigungspunktes gesellschaftlich nicht letal, sondern er markiert eine Invertierung der Machtverhältnisse (vgl. dazu auch Hegel: Herr und Knecht): der Unterstützungsmechanismus, als Mittel zur Erreichung eines Zwecks hin entworfen, setzt nun selbst die Ziele, wird selbst(-) Zweck.

Konkret bedeutet dies eine "Versklavung" des Menschen unter den Mechanismen des Marktes.

Strittig sind nun die Fragen nach Notwendigkeit und Möglichkeit einer Nachregelung: Muss die Marktwirtschaft nachgeregelt werden? Worin liegen die negativen Effekte einer sog. "Versklavung"? Trifft der Leidensdruck nicht vielmehr nur eine sich selbst als intellektuell begreifende Schicht, der aber damit auch schon die Möglichkeit an die Hand gegeben ist, sich dem Marktdruck zu entziehen, während für alle übrigen weder Notwendigkeit noch Bedürfnis besteht, dies zu tun? Diese und weitere Fragen bleiben bis auf weiteres offen...

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