Der Wahlabend verlief spannend, die Sieger waren erwartungsgemäß Grün und, trotz allem, Rot. Auf der Verliererseite stehen zu Recht CDU und FDP, die nicht nur für hausgemachte Fehler abgestraft wurden (etwa der Umgang mit der Kritik an Stuttgart 21), sondern auch die Rechnung für die katastrophale Politik auf Bundesebene zu begleichen hatten. Und ganz richtig erkannten alle Protagonisten die überragende Bedeutung der Atomkatastrophe in Japan als wesentlichen Faktor für die Stimmverteilung an.
Es sei vor allem den Grünen von Herzen gegönnt, nun einmal richtig zu feiern. Sie haben mächtig Oberwasser, was gut und wichtig ist, sind sie doch die einzige Partei in der bundesdeutschen Parteienlandschaft, die für tatsächliche Nachhaltigkeit steht. Soziale Gerechtigkeit ist zweifelsohne bedeutsam, ebenso sind es bekömmliche Rahmenbedingungen für das Unternehmertum. So oder so: Arbeit muss sich lohnen, und auch wer keine hat - das gehört zum sozialethischen Konsens unserer aufgeklärten Gesellschaft - hat Anrecht auf soziale Teilhabe. Ohne eine gesunde Natur jedoch, die die zentrale Grundlage unserer Existenz darstellt, geht es nicht. Bei Strafe des Untergangs sind wir gehalten, pfleglich mit ihr umzugehen, uns in ihr zu verorten und einzurichten, statt sie zu unterwerfen. Für diese Denkungshaltung steht - zumindest in meinen Augen - die Politik der Grünen. Weiter so!
Allerdings dürfen die phantastischen Wahlergebnisse nicht darüber hinweg täuschen, dass sie lediglich eine Momentaufnahme der aktuellen Befindlichkeiten darstellen. Im Moment ist
Fukushima das alle Gemüter bewegende Thema - zulasten etwa der sozialen Erhebungen in der arabischen Welt, die mit einigem Abstand an die zweite Stelle der allgemeinen Aufmerksamkeit gerutscht sind. Das wird nicht immer so bleiben - auch Katastrophen nutzen sich ab. Bald schon wird beispielsweise der eigene Geldbeutel seinen Anteil an den alltäglichen Überlegungen einfordern - und manchen mag dies dann doch dazu veranlassen, seine Entscheidung zugunsten des teureren Ökostroms noch einmal zu überdenken.
Vor allem ist aber die Bereitschaft der Wähler zur taktischen Stimmabgabe ins Kalkül zu ziehen. Das mag tröstlich sein für die SPD, die in Baden-Württemberg, vor allem aber in Rheinland-Pfalz schmerzliche Stimmverluste hinnehmen musste. Doch sind viele SPD-Wähler einer rot-grünen Konstellation nicht abgeneigt. Wer diese stärken möchte, wählt dann halt auch mal grün, selbst wenn er oder sie die SPD an der Regierung sehen möchte. Dies sei all jenen mit auf den Weg gegeben, die jetzt die SPD um Kurt Beck schlecht reden.
Für die Grünen bedeutet dies aber ein Aufruf zur Vorsicht: bei den nächsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden ihre Stimmanteile wohl wieder schmerzlich schrumpfen. Hoffentlich auf noch über 5, aber wahrscheinlich doch weniger Prozent als gestern. Was nicht unbedingt an den Ergebnissen ihrer Politik liegen muss, sondern der Taktik geschuldet wäre.
Ähnlich stellt sich die Lage im Ländle dar, wo noch immer und trotz allem die CDU ein massives Wählerpotenzial besitzt. Dieses Mal hat es hauchdünn für Grün-Rot gereicht. Doch - siehe oben - Regierungen nutzen sich ab. Es wird die Grünen erhebliche Anstrengungen kosten, das Wählerpotenzial zu binden - und gegebenenfalls zu stärken. Und diese Anstrengungen liegen
vor, nicht hinter ihnen!
Das soll den Wahlsiegern nun nicht die Sektlaune verderben. Vielmehr sollen diese Anregungen helfen, auch die nächste Wahlen zu gewinnen, möglichst auch wieder in Baden-Württemberg. Das wäre der beste Beleg für eine wahrlich nachhaltige Politik. Und wer weiß - vielleicht wird irgendwann ja auch einmal Bayern grün...